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.Sie dachte dabei fortwährend an ihren Mann, seit einigen Stunden wußte sie, daß sie das alles tun müsse.Das Kind hielt sie lässig in den Armen und reihte sich so aneinander, was geschehen würde, wenn sie nicht so wie die anderen Weiber zugreifen und sich abplacken wollte.Dieses innerliche Zurechtlegen und Nachdenken über eine Menge Dinge, die ihr, ohne daß sie sich früher klar darüber wurde, zuwider waren, erschien ihr jetzt noch unerträglicher als die gewohnten, täglich wiederholten Handgriffe.Eines hing aber mit dem andern zusammen; wenn sie nicht arbeiten, nicht alt und häßlich werden wollte vor der Zeit, wenn sie nicht jedes Stück, das da stand und lag, Tag um Tag reiben, fegen, waschen wollte, wenn die Suppe nicht auf ihn wartete, wenn sie das Kind nicht herumschleppte, so durfte ihr Mann sie ausschelten und die Nächte hindurch im Wirtshaus bleiben, er brauchte ihr kein Geld zu geben für sie und sein Kind, er konnte sie am Ende sogar noch schlagen, wenn er volltrunken heimkam.Das durfte er, weil sie sein Weib war.Sie mußte also wie er das tägliche Brot erwerben, sie mußte arbeiten für ihn und für die Kinder, die sie noch mit tausend Schmerzen so wie das eine schreiende da zur Welt bringen sollte; sie kroch in sich zusammen vor Angst und Zorn.Und niemals soll das anders werden, bis an das Ende immer derselbe mühseliglangweilige Weg? Jetzt erinnerte sie sich an die unscheinbare, unschöne Mutter ihres Mannes, die sich immer abgequält und abgemüht hatte, die so arm und klein war neben ihrem rechthaberischen Eheherrn, dem Vater des Leopold.Wenn der seinem Vater nachschlagen würde, dann müßte sie unausbleiblich solch ein verkümmertes, zusammengerackertes Geschöpf werden, wie die alte Frau Weis gewesen.Und warum muß das sein?Zum ersten Male, seit sie die Frau des Leopold war, kamen ihr die Worte des Pfarrers in den Sinn, es war ihr, als hörte sie die Trauungsrede mit einer Deutlichkeit, daß sie nach der Ecke hinhorchte, denn von dort her sprach die eintönig pathetische Stimme zu ihr: »Freud und Leid miteinander tragen.Treu bleiben bis in den Tod.Streng jede Pflicht erfüllen.Stets der Pflicht eingedenk sein.In Wahrheit seine rechte Hand werden.In Frieden wandeln.«Sie schüttelte sich bei dieser Erinnerung.Ja, ja! Das hat er alles gesagt, und jetzt wußte sie auch, was das Wort Pflicht heißt.Warum hat ihr damals kein Mensch ihre Pflichten haarklein vorgesagt, vor dem Altare hörte sich die Geschichte wie eine lange schöne Rede an, sie hatte hingehorcht mit halbem Ohr und mit lachendem Herzen, es war ja so lustig, von allen Leuten angeschaut zu werden, schön aufgeputzt zu sein und Hochzeit zu halten.Und was der Leopold alles versprochen hatte, als er beim Altar stand und ihre Hand so fest drückte! – Was ist aus dem Versprechen geworden? – Ja, er ist treu geblieben, er hat für sie gesorgt, aber was er zu geben hatte, war wenig genug.Sie mußte es doch besser haben können auf der Welt, sie ist ja schöner als alle Mädchen und Weiber der Vorstadt.Mochte sie es anstellen, wie sie wollte, sie kam immer zu diesem Schlusse.Sie hatte schon ein schmerzhaftes Pochen und Zerren im Genicke, hinter den Schläfen fühlte sie ab und zu ein Krachen, als ob eine Stecknadel hineingestoßen würde, ihre Arme zitterten, so sehr erregte sie das Nachgrübeln über die Vergangenheit und Zukunft, dabei wurde die Arbeit in ihren Händen immer mehr, so widerwillig packte die Lene sie an.Von jenem Tage ab war kein Stäubchen in der Stube zu sehen, kein Knopf fehlte an den Hemden des Leopold, kein Fleck war in der Wäsche, und kam er heim, so dampfte die Suppe schon auf dem Tische.Das junge Weib hatte sich mit schwerfälliger Genauigkeit eingeprägt, was sie zu tun habe, um den Frieden zu erhalten, und von jenem Tage ab durfte der Mann nimmer über sein Hauswesen klagen.Was konnte ihm das helfen, nach kurzer Zeit schon hätte er über jede Nachlässigkeit geschwiegen, wenn ihn ihre roten Lippen mit einem Kuß begrüßt hätten, und selbst wenn er sie halb im Zorn, halb in auflodernder Zärtlichkeit an seine Brust riß, konnte er doch kein liebevolles Wort aus ihr herauspressen.Und das ging Woche um Woche so fort.»Was soll ich denn anfangen mit ihr?« sagte der Leopold zu dem Laternanzünder, »sie ist jetzt für das Haus ein ganz tüchtiges Weib, sie ist nicht trotzig und keift auch nicht wie die andern, aber man kommt halt zu keiner rechten Freud neben ihr, sie geht um und um, hin und her bei einem, als ob sie ganz allein auf der Welt wär.« »Kauf ihr ein neues Kleid«, sagte der Laternanzünder, nachdem er sich schweigend besonnen hatte; mit behaglicher Pfiffigkeit setzte er hinzu: »Und wenn sie sich am nächsten Sonntag damit aufdonnert, so führ sie am Arm durch die ganze Vorstadt, das wird sie schon wieder lebendig machen, sie ist halt ein verzogenes Ding, die Rote!«»Ja freilich!« seufzte der junge Ehemann, »wir alle miteinander haben sie verzogen, sie hat es viel zu oft gehört, daß sie schön ist«, er kaute an den Schnurrbartenden und wurde rot bis hinter die Ohren.»Hm! – ja – schon möglich«, knurrte der Laternanzünder, »die Meinige war kein so schönes Frauenzimmer, und es hat aber doch so seine drei-, viermal genützt, wenn sie stützig worden ist, das neue Kleid hat sie gebogen, und in solchen Sachen sind die Weibsleut alleweil gleichgesinnt.«Der Leopold hörte den erfahrenen Ehemann aufmerksam an, er preßte den Kopf in die Hand und schaute mit traurigen Blicken auf die verwitterte Gestalt mit dem verschmierten grünen Kittel.Der hatte sein maulendes Weib zu Paaren getrieben, aber die beiden waren nun alt.Doch er und sein Weib waren jung, hatten das ganze Leben vor sich, konnten noch so glücklich sein, warum all die Reibereien, die Kleinlichkeiten, warum das armselige Bestechen des Weibes, dieses Spekulieren auf ihre Eitelkeit, was half das alles, wenn ihr Herz kalt war?»Jetzt ist die Meinige alt«, knurrte der Laternanzünder in die schwermütigen Gedanken des Leopold, »jetzt ist sie alleweil gerührt über alles, ich glaub, das hat sie sich von der Christl ihrer Mutter angelernt, jetzt heult sie über jeden Knopf, wenn sie vergessen hat, einen anzunähen
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